Aufwandsentschädigung für Pflegeeltern als Vormünder und Pfleger

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In vielen Fällen sind Pflegeeltern selbst Vormünder für ihre Pflegekinder, haben also das gesamte Sorgerecht für diese übertragen bekommen. In vielen anderen Fällen wurde den Pflegeeltern vom Familiengericht zumindest Teilbereiche der elterlichen Sorge übertragen, beispielsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht der Gesundheitsfürsorge, das Recht, in schulischen Angelegenheiten zu bestimmen oder das Recht, Hilfe zur Erziehung zu beantragen. Letzteres, also eine teilweise Sorgerechtsübertragung, lässt sich in der Praxis oftmals durch die Vorschrift des § 1630 III BGB bewirken. Hiernach können Pflegeeltern beantragen, Sorgerechtsteilbereiche übertragen zu bekommen, wobei der Antrag jedoch die Zustimmung der sorgeberechtigten Kindeseltern voraussetzt.

Unstreitig können Pflegeeltern, die Vormund für ihr Kind sind, hierfür eine sogenannte Aufwandsentschädigung erhalten. Dies ist in § 1835 a BGB geregelt. Die Aufwandsentschädigung soll die Kosten zur Führung der Vormundschaft pauschaliert abgelten. Der Anspruch entsteht gegen die Staatskasse, wenn das Mündel, also das Pflegekind, einkommenslos ist (§ 1836 a BGB). Die Aufwandspauschale beträgt derzeit 323,00 € pro Jahr. Haben Pflegeeltern die Vormundschaft als Ehepaar, so kann jeder Ehepartner die Aufwandsentschädigung beantragen. Nach unseren Erfahrungen wird dieser Antrag oft aus Unkenntnis unterlassen. Zu beachten ist, dass die Aufwandsentschädigung erstmals ein Jahr nach Bestellung des Vormundes gezahlt wird. Diese muss jedochbinnen 3 Monaten nach Ablauf des Jahres , in dem sie entstanden ist, geltend gemacht werden. Anderenfalls erlischt der Anspruch! Bei der Frage, wann diese Frist zu laufen beginnt, hat sich inzwischen die Auffassung durchgesetzt, dass dies jeweils das Jahresende ist. Nach der Rechtsprechung des OLG Frankfurt/M. (FamRZ 2005, 393) beginnt diese Ausschlussfrist mit dem Ende des jeweiligen Kalenderjahres, in welchem das Betreuungsjahr geendet hat und läuft somit jeweils am 31. März ab. Dies vertritt jetzt auch ausdrücklich Palandt-Diederichsen (66. Aufl. 2007, § 1835 a Rn 6). Es wird daher dringend empfohlen, dass der Antrag jeweils spätestens bis zum 31.03. eines jeden Jahres geltend gemacht wird. Zur Fristwahrung genügt die Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem Gericht.

Umstritten war bislang die Frage, ob Pflegeeltern einen Anspruch auf diese Entschädigung auch dann haben, wenn sie nicht Vormund sind, sondern nur einzelne Teilbereiche der elterlichen Sorge übertragen bekommen haben. Hier wurde häufig von Gerichten eingewendet, die Aufwandsentschädigung stünde nur Vormündern zu. Im Übrigen jedoch wäre sie ausgeschlossen, da die Pflegeeltern ja auch Pflegegeld erhalten würden. Hierzu sind inzwischen mehrere positive Entscheidungen für Pflegeeltern ergangen.

So hat das OLG Stuttgart (Beschluss vom 06.12.2005, FamRZ 2006, 1290 f.) festgestellt:

„Pflegepersonen, denen nach § 1630 III BGB Angelegenheiten der elterlichen Sorge übertragen wurden, haben einen Anspruch auf Aufwandsentschädigung nach § 1835 a BGB. Einer Bestellung zum Pfleger bedarf es hierzu nicht.“

Das OLG führt in den Gründen aus:
§ 1630 III Satz 3 BGB führt zu einer entsprechenden Anwendung der Vorschriften über die Rechte und Pflichten eines Pflegers, soweit diese nicht gerade die förmliche Stellung des Pflegers betreffen. (…) Danach haben Pflegepersonen gem. §§ 1630 III Satz 3, 1915 I, 1835 a BGB einen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Im Umfang der Übertragung hat die Pflegeperson nicht nur die Pflichten, sondern auch die Rechte eines Pflegers. Zu den Rechten des Pflegers gehört nach §§ 1915 I, 1835 ff. BGB der Anspruch auf Aufwendungsersatz oder Vergütung. Weder aus dem Gesetzeswortlaut des § 1630 III noch aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist zu entnehmen, dass einer Pflegeperson ein Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 1835, 1835 a BGB nicht zustehen sollte. Es ist nicht einzusehen, warum eine Pflegeperson, die die Aufgaben eines Pflegers für bestimmte Bereiche wahrnimmt, im Hinblick auf die Aufwandsentschädigung nicht so gestellt werden sollte wie ein Pfleger. Ebenso wie z.B. ein Ergänzungspfleger nach § 1909 I BGB haben deshalb Pflegepersonen, denen Angelegenheiten der elterlichen Sorge übertragen wurden, einen Aufwendungsersatzanspruch aus § 1835 a BGB, wobei hierfür die förmliche Bestellung in Abweichung der Regelung für den Pfleger und den Vormund nicht Anspruchsvoraussetzung ist.“

Auch das OLG Hamm hat sich etwa dieser Auffassung angeschlossen. Im Beschluss vom 27.07.2006 (6 WF 80/=6 OLG Hamm, soweit ersichtlich unveröffentlicht) führt das OLG aus, dass dem Anspruch für Pflegeeltern auf eine Aufwandsentschädigung nicht entgegensteht, dass die Pflegeeltern „für beide Kinder Pflegegeld und Kindergeld beziehen“. Die Verwaltungsabteilung des OLG hat in dieser Angelegenheit eine umfassende Prüfung der Rechtslage angefertigt, auf welche sich das OLG in seinem Beschluss bezieht. In dieser Stellungnahme der Verwaltungsabteilung wird zutreffend ausgeführt:

„Den Pflegeeltern steht für die Wahrnehmung ihrer faktischen Pflegetätigkeit aber keine Vergütung im eigentlichen Sinn zu. Das den Pflegeeltern gewährte Pflegegeld ist zweckbestimmt zur täglichen Versorgung und Erziehung des Pflegekindes (MüKo-Strick Rn 4 zu § 33 SGB VIII und Rn 2 ff zu § 239 SGB VIII). Als solches ist es unpfändbar (Bundesgerichtshof, NJW-RR 2006, 5) und wird auch sozialhilferechtlich nicht als Einkommen der Pflegeeltern gewertet (OVG Münster, FamRZ 1996, 900). Dementsprechend ist dem Erlass über die Festsetzung der Pauschalbeträge bei Vollzeitpflege, die für die beiden Kinder derzeit jeweils 693,00 € betragen und die sich aus einem Anteil für materielle Aufwendungen und Kosten der Erziehung zusammensetzen (…) ausgeführt, dass diese Beträge den gesamten Lebensbedarf der Kinder einschließlich der Kosten ihrer Erziehung umfassen. Zu diesem Lebensbedarf gehören die Kosten der Wahrnehmung der nach § 1630 III BGB übertragenen Aufgaben nicht. Das zeigt zum einen der Umstand, dass sich das Pflegegeld nicht erhöht, wenn der Aufgabenkreis und das Haftungsrisiko für die Pflegeeltern durch Übertragung von Teilbereichen der elterlichen Sorge nach § 1630 III BGB erweitert wird. Zum anderen erwachsen den Pflegeeltern aus dieser Stellung eigene Verpflichtungen gegenüber dem Gericht (…). Wegen des Pauschalcharakters kann (…) die Aufwandsentschädigung des § 1835 a BGB in voller Höhe verlangt werden (Bienwald in Anm. zu BayOblG, FamRZ 2002, 1222).“

Im Ergebnis ist daher auch allen Pflegeeltern, welche (nur) Teilbereiche der elterlichen Sorge für ihre Pflegekinder innehaben, anzuraten, entsprechende Anträge auf Aufwandsentschädigung zu stellen. Auch dies muss innerhalb der oben dargestellten 3-Monatsfrist geschehen, damit der Anspruch nicht erlischt.

Quelle: RA Siefert

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