Einzelvormund

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Als Vormund soll eine Person ausgewählt werden, die nach ihren persönlichen Verhältnissen sowie nach den sonstigen Umständen zur Führung der Vormundschaft in der Lage ist (§ 1779 Abs. 2 BGB).Steht eine solche Person nicht zur Verfügung, kann das Jugendamt (§1791 b BGB) oder ein Verein mit der Führung der Vormundschaft beauftragt werden. Besteht eine Amtsvormundschaft, ist das Jugendamt gem. § 56 SGB VIII Führung der Beistandschaft, der Amtspflegschaft und der Amtsvormundschaft gesetzlich dazu verpflichtet, jährlich zu überprüfen, ob nun ein geeigneter Einzelvormund zur Verfügung steht und dies ggf. dem Gericht zu melden. Wird dem Gericht bekannt, dass eine geeignete Person zur Verfügung steht und dient die Einsetzung dieser Person als Einzelvormund dem Wohl des Kindes, hat das Gericht den Amtsvormund zu entlassen und einen Einzelvormund zu bestellen.(§ 1887 BGB).

Die Einzelvormundschaft ist somit vor der Amtsvormundschaft immer vorrangig. Denn vom Sinn der Vormundschaft her, ist ein Vertrauensverhältnis zwischen Kind und Vormund unabdingbar – schließlich entscheidet der Vormund in allen das Kind betreffenden grundsätzlichen Angelegenheiten und ist gehalten, diese Entscheidungen so zu treffen, dass sie zum Wohl des Kindes sind. Hierfür muss der Vormund das Kind kennen und regelmäßigen und vertrauten Kontakt zu ihm haben. Dies kann eine natürliche Person einfacher leisten, als der Vertreter einer Institution.

Pflegeeltern als Vormund für ihr Pflegekind

Pflegeeltern sind natürliche Personen. Sie leben mit dem Pflegekind zusammen und kennen es. Daher kommen sie grundsätzlich als Vormund in Betracht. Pflegekinder wünschen sich oft, dass ihre Pflegeeltern die „volle Entscheidungsgewalt“ haben, dass sie sie z.B. bei grundsätzlichen schulischen Belangen oder in allen gesundheitlichen Fragen vertreten können und hierzu keine „Erlaubnis“ benötigen. Dies kann das Vertrauen des Kindes in seine Pflegeeltern stärken.

Bei der Benennung eines Einzelvormundes hat das Vormundschaftsgericht zwei Fragen zu prüfen:
1. Kommt die Person als Vormund überhaupt in Betracht?
2. Kommt sie für dieses Kind in Betracht?

Die erste Frage ist bei Pflegeeltern grundsätzlich zu bejahen. Denn die Anforderungen, die an die Geeignetheit als Pflegeeltern gestellt werden, liegen höher als die Anforderungen, die eine Person als Vormund geeignet erscheinen lassen.

Bei der zweiten Frage hat das Gericht zu prüfen, ob Pflegeeltern für ihr Pflegekind Vormund werden können.
Diese Frage ist zu bejahen, wenn
· das Pflegekind bereits seit geraumer Zeit in der Pflegefamilie lebt und dort auf Dauer verbleiben soll,
· es keine besonderen Schwierigkeiten im Pflegeverhältnis gibt, die die Einsetzungen einer „neutralen“ Entscheidungsperson als Vormund (z.B. als „Puffer“ zwischen leiblichen und Pflegeeltern) sinnvoll erscheinen lassen,
· keine Interessenskonflikte der Pflegeeltern (in ihrer Doppelrolle Pflegeeltern-Vormund) zu erwarten sind und
· die Pflegeeltern zur Übernahme der Vormundschaft bereit sind.
Nicht von Bedeutung ist die Tatsache, dass der Amtsvormund seine Aufgabe möglicherweise bisher gut gemacht hat, denn auch in diesem Fall ist die Benennung einer geeigneten Person als Einzelvormund vorrangig.

Pflegeeltern können selber bei Gericht beantragen, anstelle eines Amtsvormundes als Einzelvormund für ihr Pflegekind eingesetzt zu werden. Das Gericht beteiligt dann das Jugendamt, die leiblichen Eltern, die Pflegeeltern und – je nach Alter angemessen – das Kind. In der Regel wird auch ein Verfahrenspfleger bestellt.

Haben die leiblichen Eltern noch das Sorgerecht, können sie oder die Pflegeeltern (mit Zustimmung der leiblichen Eltern) bei Gericht beantragen, dass das Sorgerecht oder Teile davon auf die Pflegeeltern übertragen werden.

Gemäß § 1775 BGB ist es auch möglich, beide Pflegeeltern (Ehepaar) gemeinschaftlich zu Vormündern oder Pflegern zu bestellen.

Pflegeeltern erhalten für das Führen der Vormundschaft auf Antrag eine jährliche pauschale Aufwandsentschädigung. Sind beide Pflegeeltern gemeinschaftlich als Vormund eingesetzt, können beide die Aufwandsentschädigung beantragen.

Auch Pflegeeltern sind verpflichtet, ihre Handlungen als Vormund am Wohl des Kindes auszurichten und gegenüber dem Gericht regelmäßig Bericht zu erstatten.

Sie haben gegenüber dem Gericht (§ 1837 BGB) und dem Jugendamt (§ 53 SGB VIII Beratung und Unterstützung von Pflegern und Vormündern) einen Anspruch auf Beratung.

Es ist auch möglich, dass das Gericht den Pflegeeltern nicht die gesamte Vormundschaft überträgt, sondern lediglich eine Pflegschaft und für im Pflegeverhältnis problematischere Bereiche (z.b. das Umgangsrecht oder die Vermögenssorge) einen Ergänzungspfleger bestellt.

Pflegeeltern, die Vormund für ihr Pflegekind werden, bleiben Pflegepersonen gem. § 33 SGB VIII Vollzeitpflege und haben weiterhin Anspruch sowohl auf Pflegegeld als auch auf Unterstützung und Beratung des Jugendamtes.

Andere Personen als Einzelvormund

Wenn Pflegeeltern nicht als Vormund in Betracht kommen, weil es z.B. zu einem Interessenkonflikt kommen könnte, kann auch einen andere neutrale Person zum Einzelvormund bestellt werden. Dies kann entweder eine Person aus dem Umfeld des Kindes oder aber eine dem Kind bisher noch unbekannte, mit der Problematik von Pflegekindern aber vertraute Person sein (z.B. ein Vertreter eines Verbandes, eine erfahrene Pflegemutter). Sowohl die Pflegeeltern als auch die Person selber können dem Gericht als in Frage kommender Vormund benannt werden, bzw. sich vorschlagen. Das Gericht hat dann zu prüfen (wie oben beschrieben).

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